Samstag, 23. Dezember
Dieses ist unser letzter Tag am Amazonas. Heute sind wir ausnahmsweise nicht die Einzigen. In einer kleinen Gruppe von 5 Personen fahren wir mit einem Motorboot fast 60 km stromaufwärts. Unser Ziel: Puerto Nariño. Auf dem Weg dorthin gibt es den einen oder andern Zwischenhalt. Die erste Station ist die "Isla de los monos", die Affeninsel. Schon nach den ersten Schritten erweist sich die Insel als reine Touristenattraktion. Hunderte von Totenkopfäffchen, welche sich an die Touristen gewöhnt haben, bevölkern die Insel. Vor uns eine grössere Gruppe von grölenden, kreischenden Dumpfbackentouristen , für welche die Tiere reine Dekoration für verschiedene Selfies sind. Ich beschränke mich darauf, dämliche Touristen zu fotografieren, welche dabei sind, andere dämliche Touristen zu fotografieren. Die Szenerie erinnert mich an die Murmeltiere am Silvaplanasee, die von Amerikanern, Chinesen usw. mit Schokolade gefüttert werden und deswegen total verfettet für irgendwelche Fotos herhalten müssen. 
Die nächste Station ist die Ticunasiedlung Macedonia. Auch dies sehr touristisch aber trotzdem interessant. Ein älterer Ticuna erklärt uns, wie die indigene Sprache der Ticuna funktioniert und was ein Mädchen für den Übergang zur Frau für Rituale durchmachen muss. 
Nach dem Mittag erreichen wir endlich das kleine Städtchen Puerto Nariño. Der Ort wurde erst 1961 gegründet. Die Meisten der 5'000 Einwohner sind Indigene. In Puerto Nariño sind keine Fahrzeuge erlaubt, einzige Ausnahmen sind ein Traktor mit Anhänger für die Müllabfuhr und ein dreirädriger motorisierter Karren als Ambulanz. 
Puerto Nariño wirkt sehr ruhig und entspannt; alles scheint sehr sauber und geordnet zu sein.
Gegen 16 Uhr schliesslich machen wir uns wieder auf unsere fast zweistündige Bootsfahrt zurück nach Leticia. 
Freitag, 22. September
Am Morgen fahren mit einem Tuktuk die rund 6 km zum "parque mundo amazonico", eine Mischung aus botanischem Garten und Freilichtmuseum. Es hat hier verschiedenen Fusswege, um die Pflanzen der Amazonía und deren Nutzung kennenzulernen. Als erstes machen wir einen ausgedehnten Spaziergang über einen ausgeschilderten Dschungelweg. Danach schlendern wir durch den Heilpflanzengarten. Zum Schluss des Besuches bekommen wir Gesellschaft von einem jungen Mönchsäffchen, welches sich als sehr zutraulich erweist. Es bleibt lange in unserer Nähe und setzt sich auch zu uns während wir auf den Bus warten, um kurze Zeit später in Richtung Wald zu verschwinden. 
Am Nachmittag machen wir einen Ausflug nach Tapatinga, das brasilianische Nachbardorf von Leticia. Da die Rezeptionistin uns dringend empfiehlt, vor Sonnenuntergang wieder zurück zu sein, dauert unser Ausflug auch nicht lange und bald kehren wir wieder per Mototaxi nach Kolumbien zurück. 
Offensichtlich  ist Tapatinga  nicht ganjz so ruhig und problemlos wie Leticia, wo man alles ein bisschen ruhiger oder tranquilo nimmt, wie die Kolumbier sagen. 


 
Donnerstag, 21. September
Heute steht unsere erste Tour durch den Regenwald auf dem Programm. Obwohl wir eine Gruppentour gebucht haben, sind wir wieder die einzigen. Ein Taxiboot bringt uns ein paar Kilometer flussaufwärts ans peruanische Amazonasufer. Da im Moment Niedrigwasser herrscht, ist ist der Amazonas hier „nur“ 400 m breit. In den Wintermonaten schwillt der Fluss bis auf eine Breite von über 1000 m an. Die Häuser in Ufernähe sind deshalb allesamt auf Pfählen gebaut. 
An der kleinen Anlegestelle werden wir von Juan abgeholt. Juan gehört dem indigenen Volk der Ticunas an. Die Ticunas leben seit Jahrhunderten im Dreiländereck und haben eine eigene indigene Sprache. Da das „Ticuna“ mit keiner anderen Sprache Gemeinsamkeiten hat, zählt es zu den sogenannten isolierten Sprachen. Juan erzählt uns, dass mittlerweile alle Ticunas dreisprachig aufwachsen und neben ihrer Muttersprache auch spanisch und portugiesisch sprechen. Um irgendwelche Landesgrenzen kümmern sich die Ticuna nicht und bewegen sich frei im Dreiländereck. 
Juan bringt uns nach einem halbstündigen Fussmarsch an einen kleinen Fluss und fährt uns mit seinem einfachen Kahn rund 10 km in den peruanischen Regenwald zu einem kleinen Refugio Ecológico. Unterwegs treffen wir immer wieder auf  Menschen aus dem kleinen Ticunadorf, welche am Fluss Wäsche waschen oder Geschirr spülen. Alle grüssen uns im Vorbeifahren mit einem freundlichen Lachen. Da im Moment keine Hochsaison herrscht, sind wir auch in dem Refugio Ecológico allein. Nach einer kurzen Pause marschieren wir los. Bevor wir aber den Regenwald betreten, erklärt uns Juan, dass man den Wald erst um Erlaubnis bitten muss, genau so, wie man es tut, wenn man in ein fremdes Haus eindringt. Die Bitte besteht darin, dass man rund eine halbe Minute schweigen muss, was wir problemlos schaffen. 
 Auf unserem Spaziergang lernen wir, dass der Regenwald für die Ticunas eine riesige Quelle für Heilmittel ist. Juan zeigt uns Bäume, deren Rinde Mittel gegen Altersbeschwerden enthält, oder Wurzeln, dank derer bei ihm im Dorf niemand an Covid gestorben ist, aber auch Pflanzen, welche für die Entwurmung von Kleinkindern genutzt werden. Als Abschluss zeigt uns Juan, wie man aus zwei Palmenblättern mit dem Buschmesser als Werkzeug einen Kopfschmuck anfertigt.
Nach einen Mittagessen, welches uns Juans Ehefrau zubereitet, fahren wir den selben Weg wieder zurück, die erste Stunde allerdings ohne Motor. Das Boot wird nur per „Stachel“ fortbewegt. Juan meint, nur so könne man die Töne und die Stimmung des Regenwaldes wahrnehmen. 
Gegen vier Uhr nachmittags holt uns das Bootstaxi wieder an der Anlegestelle ab und wir fahren zurück nach Leticia, oder anders gesagt von Peru wieder zurück nach Kolumbien.
Mittwoch, 20. September
Gegen Mittag kommen wir in unserem Hotel in Leticia an. Die kleine Stadt mit ihren 52'000 Einwohnern ist nur per Flugzeug oder über Iquitos (Peru) mit einer 3 tägigen Fahrt mit der Fähre über den Amazonas zu erreichen. Rund 500 km undurchdringlicher Regenwald trennen Leticia von der nächsten befahrbaren Strasse in Kolumbien.
Gleich nach der Ankunft machen wir einen Erkundungsspaziergang durch den Ort. Leticia ist nicht so attraktiv wie andere kolumbianischen Städte; es herrscht aber eine ruhige und entspannte Atmosphäre. Selbstverständlich führt uns unser Spaziergang an dem Grenzposten zwischen Kolumbien und Brasilien vorbei. Es ist hier problemlos möglich, zwischen den beiden Ländern zu pendeln. Niemand kontrolliert den Grenzverkehr und auch den einzigen, leicht  unmotivierten Grenzbeamten scheint es nicht wirklich zu kümmern, wer an ihm vorbeizieht.
Vor dem Nachtessen gehen wir in den Parque Santander, um einem einziartigen Naturschauspiel beizuwohnen. Jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang erscheinen hier tausende von Papageien, um sich einen Schlafplatz zu suchen. 

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