Sonntag, 13. Oktober 2024
Am späten Vormittag rufen wir ein Taxi und fahren zum Grab des Kaisers Tu Duc. Der Kaiser hat die Anlage schon zu Lebzeiten errichten lassen, damit im Falle eines plötzlichen Todes alles schon vorbereitet gewesen wäre. Auf vietnamesisch heisst die Anlage "Lang Khiem" - zu Deutsch "Das Grab der Bescheidenheit". Sämtliche Teile der Anlage werden als "bescheiden" bezeichnet: Der See des bescheidenen Bewahrens, das Tor der bescheidenen Ereignisse, der Pavillon der bescheidenen Vorausschau usw.
Die Anlage ist jedoch alles Andere als bescheiden. In dem grosszügig angelegten Park mit über 50 Gebäuden und einem künstlichen See soll der Kaiser mehr als 4000 Gedichte verfasst haben und seine Theatervorstellungen sollen teilweise über hundert Tage gedauert haben. Dank des Audioguides erfahren wir, dass Tu Duc mehr als hundert Konkubinen gehabt hat. Trotz der vielen Geliebten hat er keinen Nachwuchs zustande gebracht...
Auf unserem Spaziergang durch den weitläufigen Park entdecken wir mehrere Gräber, die allesamt ähnlich aufgebaut sind wie das Grab Tu Ducs. Hinter dem Eingangstor befindet sich jeweils eine sogenannte Geisterblende, welche die Ruhe des Herrschers vor Wind und bösen Dämonen schützen soll.
Da ich auf der Fahrt zur Grabanlage vom Taxi aus in einem Hinterhof ein russisches Mig 21 Kampfflugzeug erblickt hatte, fahre ich am Nachmittag nochmals zu dieser Adresse. Die Fahrt hat sich absolut gelohnt. Der einsame, fast trostlose Hof ist problemlos zugänglich. Zwischen den alten und heruntergekommenen Wohnhäusern rosten diverse Flugzeuge und Panzer aus dem Vietnamkrieg vor sich hin. Vier Flugzeuge und etliche Panzer, darunter der berühmte M. 48 (Patton) wurden hier abgestellt und ihrem Schicksal überlassen. Man wähnt sich fast in einem Endzeitfilm. Was es mit diesem ungewöhnlichen Schrottfriedhof für eine Bewandtnis hat, habe ich leider nicht herausgefunden.














































Samstag, 12. Oktober 2024
Heute wollen wir die "Hauptsehenswürdigkeit" von Hué besuchen - die alte Kaiserstadt. Die Ausmasse dieses Saates innerhalb der Stadt sind gigantisch. Die Zitadelle wird von einer 10 km langen und 6m hohen Mauer umgeben. Innerhalb der Zitadelle befindet sich die "Verbotene Stadt" mit dem Kaiserpalast, eine Zone, die nur vom Kaiser und seinem Hofstaat betreten werden durfte. Erbaut wurde die Anlage anfangs 19. Jh. und war über 100 Jahre in Betrieb. Erst 1945 übertrug der letzte Kaiser der Nguyen Dynastie die Regentschaft an Ho Chi Minh. Während der Schlacht um Hué im Vietnamkrieg wurde die Zitadelle schwer beschädigt und erst um 1990 wieder aufgebaut.
Wir kommen gegen 11 Uhr beim grossen Mittagstor an und erleben gerade noch das Ende einer Feier der Nationalen Highschool von Hué, nach eigenen Angaben die beste Schule des Landes. Die Schüler verlassen schnell und geordnet das Gelände, übrig bleibt eine unüberschaubare Menge an roten Plastikstühlen.
Die Besichtigung der Zitadelle und der "Vebotenen Stadt" dauert über zwei Stunden. Beim alten Kaiserpalast treffen wir auf eine Gruppe von traditionell gekleideten jungen Damen, welche anscheinend daran sind, ein Fotoshooting für eine Reiseagentur zu machen.
Nach der ausgiebigen Wanderung durch die alte Kaiserstadt marschieren wir am grossen Markt vorbei ins chinesische Viertel, welches sich auf einer Flussinsel befindet.
Zum Nachtessen haben wir einen Tisch im Ancient Hue Garden reserviert. Ein vornehmeres, sehr gediegenes Restaurant und etwas ganz Anderes als das gestrige Essen in einer Garküche um die Ecke. Beides sind für uns spannende Erlebnisse und beides gehört eben zu Vietnam.
Nach dem Nachtessen schlendern wir durch die Fussgängerzone südlich des Parfümflusses. Auch hier wird am Wochenende ein ganzes Stadtviertel für den Verkehr gesperrt. Es herrscht eine ausgelassene Partystimmung à la Ballermann - kein vergleich zu Hanoi, wo die Fussgängerzone den Familien gehört.
Freitag, 11. Oktober 2024
Wir kommen gegen halb zehn Uhr am Bahnhof in Hué an. Hué ist eine Grossstadt mit 350'000 Einwohnern und liegt am "Parfümfluss" 10 km vom Südchinesischen Meer entfernt. Wir nehmen ein Taxi und fahren erstmal zum Hotel. Nachdem wir uns im Zimmer eingerichtet haben, fahren wir zur Aeon Shopping Mall. In diesem gigantischen Einkaufszentrum gibt es fast 200 Läden auf fünf Stockwerken. Im Vergleich zu dem einfachen Leben der Reisbauern rund um Sa Pa ist dies ein kleiner Kulturschock. Vor uns öffnet sich eine Welt aus polierten Marmorböden, vornehmen Geschäften, pastellfarben dekorierten Kinderkleiderläden, dazwischen immer wieder Indoorspielplätze, wo die Kleinen in künstliche Welten eintauchen können.
Schon nach wenigen Minuten werde ich von zwei Damen wegen meiner Kamera angesprochen. Das Fotografieren sei hier nicht erlaubt, meinen die beiden. Ich erzähle ihnen, dass ich ein Fotograf aus der Schweiz sei und eine Reportage über Vietnam mache. Die beiden glauben mir die aufgetischte Geschichte und schicken mich zum Infostand, wo ich einen offiziellen Pressebadge erhalte und danach ungehindert fotografieren kann.
Nach dem Besuch der Shopping Mall entscheiden wir uns für ein Kontrastprogramm und besuchen den grossen Markt südlich des Flusses. Hier erleben wir wiederum eine ganz andere, wesentlich authentischere Welt. Es herrscht hier ein buntes Durcheinander. Bauern und Händler aus der Umgebung von Hué bieten hier ihre Ware an. Gemüse und Früchte, Fleisch und Fische aller Art sorgen für nicht immer angenehme Gerüche. Und dazwischen immer wieder Stände mit Plastikwaren, gefälschten Gucci - Taschen und ähnlichem Ramsch.


























