Sonntag, 29. September 2024
Heute ist unser letzter Tag in dieser faszinierenden Stadt. Wir sind ziemlich“religiös“ unterwegs. Als erstes besuchen wir den Uán Thanh-Tempel am Ufer des Westsees. Er ist Xuan Wu, einer der wichtigsten Gottheiten des Taoismus gewidmet und einer der vier Tempel, welche gebaut wurden, um die Hauptstadt vor bösen Geistern zu schützen. In der Haupthalle thront die über vier Tonnen schwere Statue des Xuan Wu. Was uns beeindruckt, sind die Opfergaben auf den verschiedenen Altären. Da gibt es diverse Nahrungsmittel, ganze Pyramiden aus Mineralwasserflaschen und dazwischen immer wieder wunderschön drapierte Whiskyflaschen von einfachen Burbons bis zu edlen Singlemalts.
Wir spazieren weiter auf dem Damm über den Westsee zur Trấn Quốc-Pagode, die älteste Pagode der Stadt. Sie gehört zu einer buddhistischen Tempelanlage, welche über 1500 Jahre alt sein soll. Die Pagode, auch „Stupa“ genannt, hat 11 Simse mit jeweils sechs Buddhastatuen.
Nach dem Besuch der Tempelanlage bestellen wir uns ein Taxi. Wir wollen zum Abschluss die emblematische Long Bien Brücke besuchen. Die Brücke wurde Ende des 19. Jahrhunderts von den französischen Kolonialherren erbaut. Während es Vietnamkrieges wurde die Brücke mehrmals schwer bombardiert, da sie eine wichtige Versorgungsachse darstellte.
Am Fuss der Brücke steigen wir aus gehen die Treppe hoch zum Ga Long Bahnhof. Da unmittelbar die Einfahrt eines Zuges bevorsteht ist hier wieder die Hölle los. Viele Touristen stehen bereit mit ihren Handys. Der gestrenge Bahnhofsvorsteher passt auf, dass kein Touri auf den Geleisen rumsteht und sein Kollege winkt mit seinen beiden Fähnchen den Zug heran.
Nach der Zugdurchfahrt beginnen wir den fast zwei Kilometer langen Marsch über den Red River. Die marode Brücke ist nur noch für Züge, Mopeds und Fussgänger offen. Der übrige Verkehr wird über die nahe gelegene Chuong Duong Brücke umgeleitet.
Am späteren Nachmittag kehren wir zu unserem Hotel zurück, um ein letztes Bier zu trinken und um unser Gepäck zu holen. Gegen 20 Uhr fahren wir mit dem Taxi zum Bahnhof; um 21.30 fährt unser Zug nach Lao Cai.















































Samstag, 28. September 2024
Nach dem Frühstück spazieren wir durch die allwöchentliche Fussgängerzone. Bereits am Vormittag sind hier alle in Festlaune. Familien mit ihren Kindern, Skater, Velofahrer usw.
Offenbar gibt es hier für die Kinder zwei beliebte Aktivitäten; an mehreren Ständen werden Gipsnachbildungen beliebter Comicfiguren verkauft, welche die Kinder zusammen mit ihren Eltern und Geschwister bemalen können. Eine weitere Aktivität sind die kleinen Elektrofahrzeuge. Auf dem Weg dem See entlang entdecken wir fünf oder sechs Anbieter. Kinder auf rosaroten Rollern, Motorrädern, Hummern und sogar auf Miniaturpanzern kurven um uns herum. Offenbar hat man in Vietnam ein sehr (zu sehr?) unverkrampftes Verhältnis zu Kriegsspielzeug.
Der Weg führt uns weiter in Richtung Westen. Nach rund 15 Minuten erreichen wir das Hỏa-Lò-Gefängnis (vietnamesisch: glühender Ofen). Das Gebäude wurde 1904 von der französischen Kolonialmacht errichtet, um vietnamesische Widerstandskämpfer zu inhaftieren und zu foltern. Über dem Eingangstor sehen wir den euphemistischen, ja fast zynischen Schriftzug "Maison Centrale". Während des Vietnamkrieges wurde das Gefängnis für die Inhaftierung amerikanischer Kriegsgefangener benutzt. Die GIs nannten das Gefängnis im einem Anflug von Galgenhumor "Hanoi Hilton". In der sehr informativen Ausstellung werden die Haftbedingungen zum Teil mit O-Ton ehemaliger Gefangener sehr drastisch beschrieben. Es ist erschreckend, was Menschen mit Menschen anstellen können.
Nach diesem bedrückenden Besuch gehen wir zu Fuss weiter zum militärhistorischen Museum. Mit Ausnahme der umfassenden, und beeindruckenden Fotodokumentation über den Vietnamkrieg gibt es hier lediglich altes Militärmaterial wie Gewehre, Panzerfäuste, Minenwerfer usw. zu sehen.
Anschliessend marschiere ich in Richtung Literaturtempel (Fränzi geht schon mal ins Hotel). Der Literaturtempel ist das vietnamesische Nationalheiligtum. Erbaut wurde die Anlage in 11. Jahrhundert und diente seit dieser Zeit bis ins frühe 20. Jahrhundert als Akademie für die Söhne der Mandarine und der bürgerlichen Aristokratie.
Ganz im Norden der Anlage befindet sich der Konfuziustempel mit einer riesigen Statue des grossen Gelehrten flankiert von seinen wichtigsten Schülern. Als ich den Tempel betrete ist ein Gottesdienst im Gange. Ich erkundige mich, ob ich hier fotografieren darf und erhalte die Erlaubnis. Vor dem Konfuziusaltar stehen in der ersten Reihe die Erwachsenen und dahinter die Kinder und Jugendlichen. Im Rhythmus einer Pauke verbeugen sie sich unzählige Male in Richtung der Statue.
Auf dem Weg zum Ausgang begegne ich einer jungen Frau, die das Đàn Bầu spielt. Ein traditionelles Instrument mit nur einer einzigen Saite. Die Tonhöhe wird mittels eines kleinen Hebels verändert.
Den Abend verbringen wir wieder in der Fussgängerzone und essen einmal mehr eine Pho.
Freitag, 27. September 2024
Heute ist der Besuch des Regierungsviertels angesagt. Zu Fuss spazieren wir am See vorbei, zuerst in Richtung Zitadelle. Ein weiteres Mal überqueren wir die Eisenbahnlinie. Da unmittelbar eine Zugdurchfahrt bevorsteht, beschliessen wir, das Tourispektatel ein weiteres Mal anzusehen. Abgesehen von den kreischenden Dumpfbackentouristen eine wirklich sehenswerte Sache. Es ist beeindruckend, wie nahe der Zug an den Häusern vorbeifährt.
Danach führt uns der Weg weiter, vorbei am Militärmuseum, welches am Freitag leider geschlossen ist, zu Zitadelle. Da eine riesige Freilichtbühne aufgebaut ist, gibt es auch hier nicht allzu viel zu sehen. Trotzdem können wir einen Eindruck über die Grösse der Anlage gewinnen. Die Zitadelle wurde 1802 nach Plänen französischer Festungsbaumeister errichtet und so hatten die Franzosen bei der Eroberung 1872 ein leichtes Spiel, das Bollwerk zu zerstören.
Der Spaziergang führt uns weiter zum Regierungsviertel. Neben dem pastellgelben ehemaligen französischen Regierungsgebäude müssen wir eine Sicherheitsschleuse passieren. Die Frauen müssen sich innerhalb der Sicherheitsbereiches die nackten Arme bedecken, Fränzi muss sich dafür beim Wachposten für 100'000 Dong ein wunderschönes vietnamesisches Tuch erstehen, die Männer dürfen in T-Shirt und kurzer Hose passieren.
Wir besichtigen die Holzhütte in welcher Ho Chi Minh seinen Arbeitsplatz und seine Wohnung hatte und spazieren durch den Park neben dem alten Regierungssitz und werfen einen Blick auf das riesige Parlamentsgebäude.
Das Mausoleum ist leider geschlossen, da Onkel Ho nicht zu Hause ist. Mit andern Worten: Einmal im Jahr wird der Leichnam nach Russland gebracht, wo er von Spezialisten wieder aufgehübscht wird. Weshalb es trotzdem die beiden Wachposten braucht, welche mit steinerner Mine vor dem Mausoleum stehen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Am Abend begeben wir uns wieder in die Altstadt. Erstmal ist Staunen angesagt - auf der Durchgangsstrasse entlang des Sees sind nur noch Fussgänger und Velofahrer unterwegs. Es ist Volksfeststimmung angesagt, auf der Strasse wird getanzt und gefeiert. Man erklärt uns, dass seit 2021 jedes Wochenende die Strassen rund um den See zur Fussgängerzone werden (und in Basel wird gejammert, wenn einmal im Jahr der Slowup stattfindet...).
Wir lassen den Abend in einem kleinen sympathischen Restaurant ausklingen, begleitet von den Klängen der Strassenmusiker an der Ecke gegenüber, welche uns mit traditioneller vietnamesischer Musik erfreuen.



















































Donnerstag, 26. September 2024
Wir lassen den Tag langsam angehen. Nach einem späten Frühstück besuchen wir den Đền Ngọc Sơn Tempel, welcher im nördlichen Teil des Sees liegt. Der Tempel, den wir über eine geschwungene Brücke erreichen, ist der Literatur geweiht und verehrt bekannte taoistische Dichter. Im Innern des Tempels, wo das Fotografieren leider verboten ist, thront inmitten von Opfergaben Van Xuong, der Gott der Gelehrten und Dichter.
In einem Nebenpavillon ist eine einbalsamierte Schildkröte zu bewundern. Sie lebte bis 2016 im Hoan Kiem See und soll ein Nachfahre der göttlichen Schildkröte sein, welche im 15. Jahrhundert nach den erfolgreichen Schlachten gegen die Chinesen das Schwert des Heerführers wieder zurückgenommen hat. Der See heisst denn auch auf Deutsch "Der See des zurückgegebenen Schwertes".
Nach dem Besuch des Tempels nehmen wir uns ein Grab - Motorradtaxi. Auf dem kleinen 50er Roller haben wir beide hinter dem Fahrer platz.
"Grab" ist ein in Singapur ansässiges Unternehmen, welches in verschiedenen asiatischen Ländern den Mitfahrdienst Uber übernommen hat.
Mit dem Mototaxi erreichen wir in wenigen Minuten die riesigen Markthallen. Der Chợ Đồng Xuân Markt ist der grösste überdachte Markt Hanois. Hier verkaufen Grosshändler Textilien aller Art, Schuhe, Taschen, Koffer und auch Gewürze und andere Lebensmittel.
Zu Fuss gehen wir weiter in Richtung Eisenbahnlinie. Unterwegs kaufen wir uns einen Becher Zuckerrohrsaft, welcher von einem grimmigen Vietnamesen frisch ausgepresst wird. Fränzi riskiert es, einen Egg - Coffee zu trinken (Kaffee mit Ei - wer macht denn sowas?). Sie findet ihn lecker, ich eher nicht.
Der Weg führt uns duch die Strassen der Altstadt, welche hier noch klar nach verschiedenen Handwerksstätten aufgeteilt sind. Es gibt eine Baumwollgasse, eine Silberstrasse oder eine Bambusgasse, in welcher aus Bambus Leitern und Wasserpfeifen hergestellt werden.
Nach kurzer Zeit erreichen wir eine der wohl bekanntesten Eisenbahnstrecken der Welt, die Hanoi Trainstreet. Die ehemals französische Eisenbahnlinie ist längst zu einem Touristenspektakel verkommen. Zweimal im Tag füllen sich die Bars entlang der Geleise mit selfiesmachenden Touristen, welche kreischend und johlend den Zug erwarten. Trotzdem lassen wir uns das nicht entgehen und sind danach irgendwie sprachlos - eine Zugstrecke als Partymeile...?
Für das Abendessen begeben wir uns wiederum in die Altstadt. Spontan setzen wir uns zu einer netten Strassenköchin welche uns eine leckere Pho, die traditionelle Nudelsuppe, serviert. Der anschliessende Spaziergang führt uns direkt in die Beerstreet, eine Art Ballermannzone. Wir müssen da schnell wieder weg und genehmigen uns einen Absacker auf einer Rooftopbar.
Mittwoch, 25. September 2024
Gegen drei Uhr nachmittags kommen wir in Hanoi an. Dank den elektronischen Visa dauern die Formalitäten für die "Immigration" nur ein paar Minuten.
Vor dem Flughafen warten bereits unser Fahrer und Brian, unser Guide, der in Wirklichkeit anders heisst. Den Namen Brian hat er zugelegt, weil sein vietnamesischer Name für uns Europäer unaussprechlich ist. Währen der Fahrt gibt uns Brian eine kurze Lektion in Vietnamesisch. Danke heisst beispielsweise cảm ơn und Guten Tag heisst Xin chào. Das Problem ist nur, das Vietnamesisch eine Tonsprache ist, das heisst, dass sich je nach Tonhöhe oder Aussprache die Bedeutung des Wortes verändert. Es dürfte also eine Weile dauern, bis wir diese Sprache beherrschen...
Der Weg führt uns in Richtung Norden über die Nhật Tân Brücke (Vietnam - Japan Freundschaftsbrücke) zu unserem Hotel, welches fünf Gehminuten vom Hoan - Kiem See liegt. Der Hoan - Kiem See ist nur wenige Hektaren gross und trennt Hanois Altstadt vom ehemaligen französischen Kolonialviertel.
Gegen 16 Uhr machen wir uns auf zu unserem ersten Stadtspaziergang. Dem See entlang spazieren wir in Richtung Altstadt. Schon an der ersten Strassenkreuzung bleiben wir fasziniert stehen. Der pulsierende Verkehr scheint nur aus Rollern zu bestehen. Das Überqueren der Strassen wird hier zum Abenteuer. Es wird grundsätzlich nicht angehalten für Fussgänger. So tun wir es den Einheimischen gleich, marschieren einfach los, winken mit der Hand und hoffen, dass die vielen Roller laut hupend den Weg um uns herum finden.
Die Altstadt zeigt sich als Ort mit pulsierender Energie. Strassenküchen, Früchte- und Gemüsestände, Kleidergeschäfte wechseln sich ab und dazwischen immer wieder Strassenkneipen mit den niedrigen unbequemen Plastikhockern.
Wir genehmigen uns das eine oder andere Bier, essen etwas Kleines und lassen uns durch die Gassen treiben, fasziniert von den Menschen, von den Gerüchen und von den vielen neuen Eindrücken.






















