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Carlos holt mich erneut mit dem Motorrad ab, und wir machen uns auf den Weg zur „Boca de Ceniza“ (Aschemündung). Diese beeindruckende Flussmündung ist über einen rund sechs Kilometer langen und nur fünf Meter breiten Damm erreichbar. Hier mündet der Río Magdalena nach 1.600 Kilometern in das Karibische Meer. Mit dem Motorrad können wir fast bis zum Ende des Damms fahren, die letzten 200 Meter legen wir zu Fuß zurück. Links des Damms schimmert das Karibische Meer in seinem typischen Blau, während das Wasser auf der rechten Seite durch die mitgeführten Sedimente des Río Magdalena grau gefärbt ist. Leider hat es auf dem Damm viel Abfall. Und einige ärmliche Fischerhütten, welch krasser Kontrast zu der Hochglanzoptik des Carnavals.
Anschließend besuche ich das Museo del Carnaval. Im obersten Stockwerk gibt es eine Ausstellung über Karnevalsfeste auf allen Kontinenten, und natürlich ist auch der Basler Fasnacht eine Vitrine gewidmet. In den unteren Stockwerken sind vor allem die prachtvollen Kleider und Kostüme der ehemaligen Karnevalsköniginnen von Barranquilla zu bewundern.
Gegen 16 Uhr verlasse ich das Museum, genau rechtzeitig zur „Beerdigung des Joselito“. Dieses Spektakel ist ein nicht enden wollender Trauerzug mit laut wehklagenden Witwen, zahlreichen Skeletten und Totenköpfen – sogar einige Särge werden mitgetragen. Schwarzer Humor vom Feinsten.
Nach dem Umzug fahren wir zu Milena und ihrer Familie, wo ich wieder herzlich empfangen werde. Gemeinsam mit Milena, ihrer Cousine und deren Partner aus Portugal machen wir uns auf den Weg nach Puerto Colombia, um dort den Abend ausklingen zu lassen.
Puerto Colombia, etwa 13 Kilometer westlich von Barranquilla, war einst ein bedeutendes Einfallstor für Einwanderer. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts diente der Hafen als wichtigster Zugangspunkt für europäische und nahöstliche Migranten, darunter Spanier, Italiener, Deutsche, Libanesen und Syrer. Die legendäre Mole, an der einst die Einwanderer ankamen, existiert noch immer. Im Park davor stehen verschiedene Statuen, die die Einwanderer aus unterschiedlichen Ländern symbolisieren.
Nach einem gemeinsamen Abendessen besuchen wir die „La Ventana de Sueños“ (das Fenster der Träume) – eine monumentale Glasskulptur, die 2023 als Hommage an die Einwanderer von damals errichtet wurde. Große Informationstafeln und zahlreiche Fotos erzählen ihre Geschichte. Auf einer Tafel sind die Namen vieler Einwanderer verzeichnet, darunter auch zahlreiche jüdische Namen von Menschen, die während der Nazizeit nach Kolumbien fliehen mussten.
Ein besonderer Dank gilt Nelson, Iandrick und Carlos, die mir einen einzigartigen Einblick in das Leben der Barranquilleros und ihren Karneval ermöglicht haben – eine Erfahrung, die ich als gewöhnlicher Tourist wohl nie gemacht hätte.
Montag, 3. März
Heute bin ich alleine Unterwegs. Nach dem Frühstück nehme ich mir Zeit, meine Fotos und Videos zu bearbeiten. Gegen Mittag bestelle ich ein Taxi und fahre zur Via 40, wo ein weiterer riesiger Umzug stattfindet.
Der Karneval ist nicht vergleichbar mit der Basler Fasnacht. Barranquilla ist eine riesige Statt mit zwei Millionen Einwohnern und einer Fläche vom 190 km2. Täglich finden in den verschiedenen Stadtvierteln gleichzeitig mehrere Umzüge (desfiles) statt. Eine Strassenfasnacht wie in Basel gibt es nicht. Die Karnevalsgruppen treten lediglich an diesen Umzügen auf. Ansonsten gibt es unzählige Partys mit lauter Musik.
Am Abend fahre ich zum Malecón (Hafenmole). Im „Caiman del Rio“ gibt es eine riesige Auswahl an Speisen und Getränken aus ganz Südamerika und Asien.
































Sonntag, 3. März, abends
Carlos holt mich mit dem Motorrad am Hotel ab und bringt mich nach „Las Nieves“, ein Viertel etwa fünf Kilometer außerhalb des Stadtzentrums. An einer Straßenkreuzung mitten in einer Wohngegend mit kleinen, einstöckigen Häusern setzt er mich ab. Hier ist bereits ein kleines, aber ausgelassenes Straßenfest im Gange – begleitet von ohrenbetäubender Musik aus einer Lautsprecherbox, die die Größe einer Wohnwand hat.
Iandrick und seine Freunde erwarten mich bereits und begrüßen mich herzlich. Kaum angekommen, halte ich schon eine Dose Bier in der Hand – und nur Sekunden später rieselt eine ganze Packung Maizena über meinen Kopf. Die Stimmung ist ausgelassen: Einige Männer spielen Domino, auf der Straße wird getanzt, und auf den Plastikstühlen haben sich ganze Familien niedergelassen. Zwei freundliche junge Männer ziehen unermüdlich ihre Runden mit riesigen Flaschen scharfem Rum und stellen sicher, dass niemand zu kurz kommt.
Nach rund drei Stunden, fünf Dosen Bier und ein paar Bechern Rum verabschiede ich mich und nehme ein Uber zurück zum Hotel. Danke, Iandrick, und danke, Carlos, für diesen authentischen Einblick in das kolumbianische Leben!
Sonntag, 2. März
Heute möchte ich mir den Umzug im Viertel Olaya ansehen – die Gran Parada Carlos Franco. Gegen 10 Uhr breche ich auf. Eine Stadtwanderung bei fast 35 Grad ist allerdings keine gute Idee. Schweißgebadet erreiche ich schließlich den Parque Olaya.
Rund um den Park laufen bereits die Vorbereitungen auf Hochtouren. Wie fast überall in Kolumbien stehen vor den Kneipen und Bars riesige Lautsprecherboxen, sodass eine Unterhaltung kaum möglich ist.
Der Umzug selbst übertrifft sogar den gestrigen an Spektakel: 168 Gruppen nehmen teil, und das gesamte Ereignis dauert mehr als drei Stunden.
Während der Parade werde ich von zwei freundlichen jungen Frauen angesprochen. Sie möchten wissen, woher ich komme und ob ich bereit wäre, ein kurzes Interview für den „Heraldo“ zu geben. Sie fragen nach den Umzügen, die ich bereits gesehen habe, und wie ich den Karneval erlebe. Zum Schluss bitten sie mich, zu erklären, warum man den Karneval von Barranquilla unbedingt erlebt haben sollte.















































































































Samstag, 1. März
Um neun Uhr werde ich von Milena und Carlos beim Hotel abgeholt. Der grosse Umzug beginnt erst um 11 Uhr, aber wir haben noch keine Tickets und sollten rechtzeitig vor Ort sein.
In kurzer Zeit hat Carlos die Eintritte organisiert und ich habe einen Platz in der vordersten Reihe und erlebe den Umzug aus nächster Nähe. Das Ganze dauert fast vier Stunden und ist ein Riesenspektakel, eine Mischung aus der karibischen, afrikanischen und spanischen Kultur. Das ist Kolumbien, wie wir es schon vor einem Jahr kennen lernen durften. Lebensfreude pur, jeder akzeptiert den andern, so wie er ist, Alter und BMI spielen keine Rolle.
Ich habe etwas Mühe, meine Kamera sauber zu halten. Es gibt hier keine Räppli, dafür werden an jeder Strassenecke Spraydosen mit Seifenschaum und kleine Päckchen Maizena verkauft.
Am Umzug marschieren nicht nur Karnevalsgruppen mit, sondern auch die Feuerwehr und die Rekruten der Marineschule. Die Soldaten und Feuerwehrleute werden mit frenetischem Applaus begrüsst.
Nach dem Umzug fahren wir nach Altos de Riomar, en schönes Wohnviertel. Auf der Terrasse des Einkaufszentrums findet eine der grossen Karnevalspartys statt. Hier geht es so richtig ab. Hier wird getanzt und gesungen mit viel Einsatz von Seifenschaum und Maizena.
Gegen 19 Uhr fahren wir wieder los, Carlos schläft auf dem Hintersitz und auch bin nach dem Umzug und der Terrassen - Fete ziemlich "hinüber".
Freitag, 28. März, abends
Ich werde von Carlos und Milena und ihren beiden Söhnen beim Hotel abgeholt. Wir fahren zum Malcecón (Hafenmole), wo bereits eine tolle Stimmung herrscht. Es gibt hier massenweise Streetfodstände dazwischen verschiendene Bühnen, wo Konzerte stattfinden. Die Vorfreude auf den Carnaval ist überall spürbar. Spannend für mich ist eine Ausstellung mit den verschiedenen traditionellen Figuren des Carnaval, wie z.B die Marimonda oder el Congo Grande.
Zum Abschluss zeigen mir die beiden noch zwei Monumente, auf welche die Barranquilleros besonders stolz sind: Die Haifischflosse, eine Hommage an den Fussballklub Junior de Barranquilla, dessen Makottchen ein Haifisch ist. Und das Fenster zur Welt. Eine riesige Glasskulptur welche von einer Glasfabrik gestiftet wurde.
























Freitag, 28. Februar
Ich sitze im Hotel beim Morgenessen und schon erhalte ich eine WhatsApp - Meldung von Iandrick. Iandrick ist ein Freund von Nelson, den wir auf unserer letzten Reise kennen gelernt hatten. Obwohl ich ihn vorher noch nie gesehen habe, ist Iandrick bereit, mich in die Geheimnisse des Carnaval von Barranquilla einzuweihen.
Nach zwei Stunden Fahrt in einem wunderschön dekorierten Bus und einer halben Stunde mit dem Taxi komme ich im Hotel an. 15 min. später steht Iandrick an der Recepción und begrüsst mich, wie wenn wir uns schon lange kennen würden. Er packt mich sogleich in sein Auto und zeigt mir, wo die verschiedenen Umzüge, Tanzveranstaltungen und Konzerte stattfinden werden. Bei seinen Erklärungen wird mir bewusst, dass es nicht möglich ist, alle Veranstaltungen zu sehen. Vom Samstag bis am nächsten Dienstag finden täglich und zum Teil gleichzeitig mehrere grosse Umzüge statt.
Am Abend werde ich mit Carlos, ein Freund von Iandrick, welcher Taxifahrer ist, zum Malcecón (Hafenmole) fahren um dort erste Eindrücke zu gewinnen. - Mehr folgt morgen Samstag :-)